Freitag, 11. Juni 2010
Landkreis Nordsachsen. In den frühen Abendstunden ereignet sich
ein Wildunfall. Ein PKW kollidiert mit einem Reh, das unverhofft die
Straße überqueren will. Das Reh ist nach dem Unfall verschwunden. Spuren
an Stoßstange und Kotflügel lassen erkennen, das Tier muss verletzt
sein. Der Fahrer des PKW zeigt den Unfall pflichtgemäß sofort der
nächsten erreichbaren Polizeidienststelle an. Diese benachrichtigt
daraufhin den Jäger, in dessen Jagdbezirk sich der Unfall ereignete.
Kurz danach macht sich der Jäger mit seinem Jagdhund auf die Suche nach
dem verletzten Reh. Die Suche verläuft zunächst ergebnislos. Der Jäger
kennt jedoch die Standorte des Wildes in seinem Jagdbezirk und begibt
sich daraufhin auf einen seiner Hochsitze. Noch ehe die Dunkelheit
hereinbricht, tauchen mehrere Rehe in der Nähe der Kanzel auf. Eines der
Rehe ist schwer verletzt. Der Jäger schätzt ein, dass es keine
Überlebenschance hat und beschließt, es von seinen Qualen zu befreien.
Doch plötzlich laufen die Rehe aufgeregt davon. Auch das verletzte Reh
ist nicht mehr zu sehen. Wo kurz zuvor noch die Rehe standen, sieht der
Jäger einen Schäferhund. Eine Männerstimme ruft nach ihm, doch
vergeblich, der Hund verfolgt seinem angeborenen Jagdtrieb gehorchend
die Rehe.
Dies ist zwar keine exakt authentische Geschichte, ereignete sich jedoch
in dieser oder ähnlicher Form, insbesondere was freilaufende Hunde
betrifft, leider sehr oft. Das bedeutet, in einer Vielzahl von Fällen
Jäger durch Jagdstörer an der Jagdausübung gehindert werden. Das es sich
bei den Jagdstörungen um Böswilligkeit gegenüber den Jägern handelt, ist
die Ausnahme. In der Regel beruhen die Störungen auf Unwissenheit und
mangelnder Rechtskenntnisse von Hundehaltern, Reitern und Joggern.
So ist u. a. in § 58 Absatz 2 Ziffer 7 Sächsisches Landesjagdgesetz
geregelt, dass mit Geldbuße belegt werden kann, wer Hunde in einem
Jagdbezirk unbeaufsichtigt frei laufen lässt.
Unbeaufsichtigt heißt hierbei, dass sich der Hund dem Einwirkungsbereich
der Aufsichtsperson entzieht. Dies kann sowohl optisch als auch
akustisch sein. Kurz gesagt, sobald die Aufsichtsperson den Hund nicht
zur sofortigen Rückkehr veranlassen kann, hat sich dieser dem
Einwirkungsbereich entzogen. Oft ist zu beobachten, dass sich der Hund
zwar dem Einwirkungsbereich der Aufsichtsperson nicht entzogen hat,
jedoch das Aufstöbern und Verfolgen des Wildes geduldet wird. Auch in
diesem Fall hat der Gesetzgeber an den Schutz des Wildes gedacht und in
§ 19 a Bundesjagdgesetz das Verbot, das Wild zu beunruhigen,
ausgesprochen. Auch hier stellen Zuwiderhandlungen eine
Ordnungswidrigkeit dar, die ebenfalls gemäß § 39 Absatz 1 Ziffer 5
Bundesjagdgesetz mit Geldbuße geahndet werden kann.
Das Verbot des Störens des Wildes trifft natürlich nicht nur auf
Hundehalter zu. Jeder, der sich in der Natur und Landschaft frei bewegt,
ob Reiter, Jogger oder Wanderer, ist verpflichtet, darauf zu achten,
dass das Wild durch seine Handlungen nicht gestört wird. Sehr oft wird
u. a. durch die Jagdausübungsberechtigten festgestellt, dass außerhalb
von geeigneten bzw. ausgeschilderten Wegen oder besonders ausgewiesenen
Flächen im Jagdbezirk geritten wird und damit eine Störung des Wildes
verursacht wird. Das Betreten der freien Landschaft und des Waldes
sollte künftig von uns allen, verantwortungsbewusster, in der Weise
erfolgen, dass unser heimisches Wild an seinen Zufluchts-, Nist-, Brut-
oder Wohnstätten nicht gestört wird. Insbesondere in den Monaten Mai bis
Juli sollte hierauf besonders geachtet werden, da in dieser Zeit
Rehkitze gesetzt werden und das Wild sehr sensibel auf Störungen
reagiert.
Die Regulierung des Wildbestandes erfordert auch eine konsequente
Jagdausübung, da ein großer Teil des heimischen Wildes keine natürlichen
Feinde mehr hat. Ohne die Jagdausübung wären die Wildschäden auf unseren
landwirtschaftlichen Kulturen erheblich. Auch die Anzahl der Wildunfälle
würde dramatische Ausmaße annehmen. Die Gefahr der Ausbreitung von
Tierseuchen, konkret durch Schwarzwild, wäre kaum noch zu verhindern.
Auch der Fuchsbandwurm würde sich sprunghaft ausbreiten. Bitte bedenken
Sie, dass nur bei gegenseitiger Akzeptanz der verschiedenen Interessen
die gebotene Pflichterfüllung durch die Jägerschaft im Sinne des Bundes-
und Landesjagdgesetzes möglich ist. |